Maschinelles Entscheiden: Keine Regel ohne Ausnahme? Wissensrepräsentation stellt ein Gebiet der Künstlichen Intelligenz dar, welches den Entwurf von Formalismen fokussiert, die gleichermaßen erkenntnistheoretisch wie rechnergestützt dazu geeignet sind, Wissen über ein bestimmtes Gebiet auszudrücken. Beschreibungslogiken sind Teilmengen der Prädikatenlogik erster Stufe, zeichnen sich jedoch durch Prägnanz der Syntax aus. Die Auswahl zulässiger Konstruktoren bestimmt die Ausdrucksstärke der jeweiligen Beschreibungslogik. Zugleich hängt hiervon jedoch die Berechnungskomplexität des Schließens ab; es besteht also ein Zielkonflikt zwischen Ausdrucksstärke und Komplexität. Beschreibungslogiken finden ihren Ursprung in diesem Spannungsfeld. Anwendungen der realen Welt, z.B. biomedizinische Ontologien, nutzen Beschreibungslogik, sollten aber Ausnahmen abbilden können. Beispielsweise befindet sich das menschliche Herz normalerweise in der linken Körperseite, beim Vorliegen von „Situs inversus“ jedoch auf der rechten. Ein weiteres Beispiel, welches im Vortrag diskutiert wird, ist ein Ausschnitt aus einem regelbasierten Zugriffskontrollsystem. Im Vortrag wird eine Möglichkeit vorgestellt, eine konkrete Beschreibungslogik mit Regeln zu versehen, die Ausnahmen zulassen. Modelle sollen dann — in anschaulicher Weise — diejenigen Interpretationen sein, welche möglichst wenige Ausnahmen erfordern. Hierbei werden folgende Ziele verfolgt: Die Beschreibungslogik soll so um nichtmonotones Schließen erweitert werden, dass existierende Ontologien weiter verwendet werden können. Aufgrund der Größe real existierender Ontologien sollen die zulässigen Konstruktoren so beschränkt werden, dass die Entscheidbarkeit mit polynomiellem Aufwand möglich ist. Der Ansatz nutzt das Konzept der Zirkumsskription, um nichtmonotones Schließen — im Sinne des gesunden Menschenverstands — zu formalisieren. Die Definition von Zirkumskription greift auf Prädikatenlogik zweiter Stufe zurück. Zirkumskription ermöglicht den Schluss, dass die Objekte, für die eine bestimmte Eigenschaft gezeigt werden kann, auch alle Objekte sind, die diese Eigenschaft aufweisen. Zirkumskription — im Sinne von Umschreibung — bedeutet also, dass Objektmengen durch Eigenschaften der enthaltenen Objekte (vollständig) beschrieben oder umschrieben werden können. In diesem Sinne lässt sich etwa fordern, dass Boote dazu geeignet sind, Flüsse zu überqueren, solange das Gegenteil nicht erwiesen ist. Am Beispiel der Integration von Zirkumskription in eine Beschreibungslogik kann gezeigt werden, dass die Erweiterung von Beschreibungslogiken um nichtmonotones Schließen möglich ist. Insbesondere ist die Erweiterung von Beschreibungslogiken um nichtmonotones Schließen derart möglich, dass die Berechnungskomplexität unter Voraussetzungen polynomiell beschränkt bleiben kann. Das zweite Teilziel ist somit erfüllt. Für das erste Teilziel — der Weiterverwendbarkeit bestehender Ontologien — gilt dies unter der für die Praxis nicht relevanten Einschränkung, dass Konzepte nicht leer sein dürfen. Allerdings stellt die vorgestellte Sprache keine Teilmenge der Prädikatenlogik erster Stufe dar.